Verständigungsprobleme, Verständnisprobleme, Alltagssorgen.
Wieviel mal ist eigentlich zuviel? Dieser dritte Lockdown fühlt sich an wie der erste. Denn ganz ehrlich, ich hatte dieses Jahr überhaupt nicht das Gefühl, jemals nicht Gelockdowned gewesen zu sein. Nicht falsch verstehen. Alles ist gut so wie es ist mit diesen Massnahmen für und gegen Corona. Ich bin mit allem einverstanden. Sogar mit den ungemütlichen Vorgaben und Einschränkungen.
Man hat ja für vieles kein Verständnis. Aber dafür schon.
Aber die Frage muss dennoch erlaubt sein: Wie geht es uns eigentlich wirklich? Abgesehen von dieser Corona-Situation. Wenig überraschend, dass Nebenschauplätze kaum noch vorhanden sind. Alles ist Corona. Überall ist Pandemie. Gefühlt hat der Lockdown nie pausiert. Und an ein Leben ohne Maske kann man sich fast schon nicht mehr erinnern.
Wie geht es uns damit? Bald ist es ein Jahr, dass wir unser Leben mit Pandemie durchgestanden haben. Ein ganzes Jahr mit Pandemie. Eines der seltsamsten Jahre, das wir allerhöchstwahrscheinlich je erlebt haben. Abgesehen von Krieg, Flucht, Massenvernichtungswaffen, orangefarbenen Präsidenten mit Golden Retriever auf dem Kopf. Okay. Wir kommen der Sache näher. Es gibt durchaus doch noch einiges an Nebenschauplatz. Aber zuhause, auf dem Sofa, lockdowned und ausgangsbeschränkt, ist das alles tatsächlich noch weiter weg als sonst.

WIE GEHT ES EUCH? Mit all diesen Seltsamkeiten, die so plötzlich zu unserem Alltag gehören?
Ich für meinen Teil bin ruhig. Ruhiger als sonst. Ich bin, obwohl ich mit dem Mann zusammenwohne, einsamer als sonst. Früher habe ich auf die Frage, ob ich glücklich bin, uneingeschränkt mit JA geantwortet. Heute würde ich das so nicht mehr unterschreiben. Ich fühle mich gedämpfter. Und eigenartig still. Als hätte ich das ganze Jahr schon einen PLOPP im Ohr, der nicht mehr weggehen will.
Allerdings dachte ich, ich würde mich so langsam an alles gewöhnt haben und mich auch damit abgefunden haben. Ich dachte, ich schaff das. Weil irgendwann ist bestimmt wieder alles ein bisschen wie früher.
Stattdessen kommen neue Dinge dazu.
B117, Mutante, Brasilien, Südafrika, Reinfektionen, eine Pandemie zur Pandemie, zu wenig Impfstoff, zu wenig Impfung, funktionierende Impfung!? Das Ziel, das uns schon so nah erschien, ist wieder in weite Ferne gerückt. Halten wir das noch aus? Und halten wir das noch durch? Und wie machen wir das am besten? Habt ihr Antworten? Denn ich hab so langsam keine mehr. Ich wäre lieber noch ein wenig vorsichtig. Die Wirtschaft sieht das natürlich anders.
Rückzug in einer Pandemie macht einfach nicht das, was viele versprechen. Ich bin nicht achtsamer. Ich habe keine Lust dazu, auf Dinge zu achten, die mir vorher auch schon egal waren. Wenn man genervt ist, interessiert man sich nicht für unwichtigen Kleinkram. Statt zu meditieren oder eine neue Sprache zu lernen sitze ich auf dem Sofa und überlege mir, ob es sich für mich in diesem Jahr überhaupt noch lohnt, die Beine zu rasieren. Weil der Sommer für uns vielleicht gar nicht stattfindet. Mutationen haben vielleicht ihren ganz eigenen Kopf. Wissen tun wir das ja nicht. Ich denke darüber nach, wie ich wohl aussehen werde, wenn ich einfach überhaupt nie wieder zum Friseur gehe. Ich denke tatsächlich manchmal sogar schon darüber nach, einfach mal alles der Natur zu überlassen. Natürlich nur zu Recherchezwecken. Statt vor Kreativität dank der vielen Zeit bedingt durch diesen gefühlten zweiten dritten Endlos-Lockdown zu platzen versuche ich verzweifelt, all die Dinge wiederzufinden, die ich im ersten Lockdown im Eifer des Gefechtes mitsamt aller Möbel umgeräumt habe. Dazwischen war noch ein Lockdown mit ähnlichem Drang zu Neuem. Ich finde seitdem nichts mehr so wirklich wieder. Ich denke darüber nach, mir im nächsten Lockdown Pläne zu malen, Schubladen zu beschriften und Inventarlisten zu erstellen. Manchmal weine ich etwas. Immer dann, wenn ich das Gefühl habe, es wird alles nie wieder wie vorher. Am nächsten Tag hoffe ich inständig, dass alles nie mehr so wird wie vorher. Ich vermisse das Normal. Und hoffe, dass das Leben nie mehr so normal wird, wie wir es zuvor als Realität und als richtig empfunden hatten. Schadensbegrenzung findet jetzt schon nicht statt. Wie wird es wohl werden, das Leben, wenn alles so bleibt?
Heute ist es übrigens so weit. Heute ist einer dieser Tage.
Eigentlich halte ich gut durch. Wenn dieses “aber” nicht immer im Kopf herumschwirren würde. Ich hätte gerade heute soo Lust auf draussen. FlatWhite in einer grossen Stadt. Sitzen und gucken. Nur so. Mehr nicht. Sonst nichts. Bummeln. Shoppen. Wieder gucken. Frische Luft atmen. Gucken. Und sitzen.

Stattdessen sitze ich vor meinem Bildschirm und tippe Buchstaben vor mich hin. Aber ich habe eine schöne Aussicht. Wenigstens das.
Heute wurde von Lockerungen des Lockdowns gesprochen. Das macht mir allerdings gerade eher Sorge statt Erleichterung zu bringen. Ich weiss es nicht. Ich warte ab. Und bis dahin gucke ich noch ein wenig aus meinem “Fenster” auf New York und träume vor mich hin. Denn zu meinem Kopfkino hat Corona keinen Eintritt. Der Türsteher dazu macht das ganz gut. Manchmal.

What do you think?